Bio ist in der Gemeinschaftsverpflegung wirtschaftlich machbar


 			
 				
 						
 						 		
 	   		 
		   		
    
	  				
    

Der weltpolitische, lokalpolitische und individuelle Wunsch gilt einer ernährungsphysiologisch ausgewogenen, optimalen Lebensmittelqualität und einer gesunden Umwelt. Neben qualitätsbezogenen Elementen der Ernährung sind im privaten, besonders aber im öffentlichen Großküchenbereich Aspekte des Marktes und vor allem der Wirtschaftlichkeit von wesentlicher Bedeutung. Die Lebensmittelwahl wird sowohl von höheren wie niedrigeren Preisen gesteuert, wobei es ein grundsätzliches Bedürfnis ist, ökonomisch sinnvoll zu handeln. Die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Bio-Lebensmitteln dürfen aber nicht nur von den finanziellen Mitteln abhängig gemacht werden. Besonders im Ernährungsbereich öffentlicher Krankenhäuser hat das vorhandene Kapital den Menschen durch Einkauf bester Qualität zu dienen, und nicht der Mensch hat sich unterzuordnen. Die Unvereinbarkeit von Billigstnahrungsmitteln und Gesundheit, sowie einer nachhaltigen Landwirtschaft ist dabei nur wenigen bewusst. Industrialisierung und Rationalisierung haben die konventionelle Landwirtschaft höchst produktiv gemacht. Diese Produktivität ist allerdings nur durch aufwendigen Energie-, Material- und Kapitaleinsatz möglich, und das nur mit hohen Mengen umweltschädigender Emissionen. Die gesundheitlichen, sozialen und ökologischen Folgen finden meist nur bei persönlicher Betroffenheit Beachtung. Aus diesem Grund ist eine klare Darstellung von Vor- und Nachteilen vom Einsatz biologischer Lebensmittel bei allen Verantwortlichen im Krankenhaus notwendig, um eine möglichst objektive Meinungsbildung zu ermöglichen. Für die PatientInnen muss trotz der relativ kurzen Aufenthaltszeit im Krankenhaus die Krankheit als Chance für eine nachhaltige Ernährungsumstellung genutzt werden. Beratung und die Qualität der Speisen tragen dazu wesentlich bei.

Mehrwert von Bio-Lebensmitteln

Bei Bio-Lebensmitteln kann man tatsächlich von sog. Meritorischen Gütern sprechen, dessen Bereitstellung und Konsum positive externe Effekte für die Gesellschaft erbringt. Der Einkauf von Lebensmitteln aus biologischer Landwirtschaft schafft z.B. neben der eigenen Nutzensteigerung (gute Qualität, guter Geschmack) auch für die Allgemeinheit einen Nutzen. So sichert die biologische Landwirtschaft bäuerliche Existenzen und die Bodenfruchtbarkeit, verhindert das Ausbringen von chemisch-synthetischen Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und gentechnisch veränderten Organismen, bringt Vielfalt in die Landschaft und bietet den Tieren ein artgerechtes Leben. Das Bemühen, mit Biokost nicht nur eine gesunde Ernährung zur Verfügung zu stellen, sondern auch eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu unterstützen bringt es mit sich, dass man das Speisenangebot und das Konsumverhalten auch nach den Aspekten Saisonalität und sozialer Gerechtigkeit ausrichten sollte.

Werden Umweltreparaturkosten, die für Sanierungen nach intensiver industrieller (konventioneller) Bewirtschaftung anfallen, im Sinne der Kostenwahrheit beachtet, ist der Einsatz von Produkten aus biologischer Landwirtschaft deutlich kostengünstiger.

Arbeitskraft spart Geld?

Ein Beispiel ambivalenten Charakters ist der steigende Einsatz von Fertigprodukten: Einerseits geht der Trend in Richtung gesünderes Essen mit zunehmender Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln, andererseits gehen die Entwicklungen in den öffentlichen Küchen in Richtung Personalreduktion und bedingen dadurch eine Zunahme des Einsatzes von teuren Convenience Produkten. Die Präferenz für hoch verarbeitete Produkte und Fertigmahlzeiten in Kombination mit einem hohen Fleischkonsum erhöhen nicht nur die negativen Umweltauswirkungen sondern auch die Kosten.

Der Rationalisierungsdruck und der Mangel an Fachkräften zwingen Großküchen zum verstärkten Einsatz von Convenience-Produkten, obwohl die industrielle Weiterverarbeitung von Lebensmitteln energie- und kostenintensiv ist. Aus ökonomischer, vor allem aber aus ökologischer Sicht fällt die Bewertung von Convenience-Produkten negativ aus, obwohl diese besonders praktisch sind und auch saisonal bedingte ernährungsphysiologische Vorteile haben können. Allerdings müssen in der Herstellung hohe Stoffströme bewegt werden: hoher Energieverbrauch, durch Zentralisierung weite Transportwege und beschränkte Nachvollziehbarkeit der Herkunft bedingen in Summe hohe Gesamtkosten.

Für eine möglichst objektive Beurteilung der Kosten in der Küche müssen neben den Lebensmitteleinkaufskosten selbstverständlich auch die Personalkosten und die Betriebskosten berücksichtigt werden. Erst dadurch wird eine wirtschaftliche Beurteilung möglich.

BIOFAIR I und BIOFAIR II

Zwei akribische Studien zu dieser Thematik (Literatur 1,2) zeigen, dass der personelle Mehraufwand für die Weiterverarbeitung von Bio-Rohprodukten inklusive deren Einkaufskosten deutlich billiger ist als der Einsatz vergleichbarer Fertigprodukte. Ausgangslage des Projektes BIOFAIR war die These, dass sich der Einsatz von frisch zubereiteten biologischen Lebensmitteln in Großküchen rechnet, wenn man entsprechende Rahmenbedingungen berücksichtigt. Anhand von konkreten Beispielen konnte festgestellt werden, dass ausgewählte Bio-Lebensmittel – roh eingekauft und in der Großküche gerüstet – im Vergleich zu Convenience-Produkten tatsächlich neben den ökologischen und qualitativen auch ökonomische Vorteile aufweisen. Einige Beispiele zeigen auf, dass es nicht immer von ökonomischen Vorteil sein muss, Bio-Produkte selbst herzustellen.

Die praktische Umsetzung ist wegen fehlender Rüstungsräume, Personalmangel aber auch oft wegen getrennter Kostenstellen von Personal und Lebensmitteleinkauf sowie Betriebskosten oft unmöglich, zumindest aber sehr schwierig. Die Zusammenhänge werden meist nicht dargestellt, die Gewinne gehen an die lebensmittelverarbeitende Industrie.

Wirtschaftliche Machbarkeit einer Umstellung auf eine ökologische Ernährung

Das Projekt „Machbarkeitsstudie zur Maximierung des Einsatzes biologischer Lebensmittel in Großküchen“ (Literatur 3 und 4) beweist, dass ohne besondere Probleme der Anteil von Bio-Lebensmittel auf etwa 30 Prozent gesteigert werden kann. Die damit einhergehende Kostenerhöhung kann minimiert werden, wenn die Speisepläne das Fleischangebot reduzieren und die saisonale Verfügbarkeit bei Gemüse und Obst beachten. Die ökologischen Vorteile sind enorm, werden jedoch derzeit noch nicht monetär bewertet, was möglichst rasch zu ändern ist. Nur ganzheitliches Denken, das auch volkswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt, kann zu zukunftsorientierten Lösungen führen.

Heute bedeutet der Einsatz von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Küchen aktive Kundenbindung, Imageerhöhung und Kompetenz. Der Einkauf ökologisch verträglich erzeugter Lebensmittel ist daher auch fixer Bestandteil des Ökomanagements für Großküchen.

Literatur

1 Daxbeck H, Berzsenyi J, Pinterits M und Kampel E: Ökonomische und ökologische Bewertung von Speisen unter Verwendung von biologischen Fischprodukten bzw. Fertigprodukten am Beispiel einer Wiener Großküche. Projekt BIOFAIR, Wien, 2004

2 Daxbeck H, Seibold E und Pinterits M: IST-Standserhebung und Potentialanalyse in Großküchen der Stadt Wien zur Erhöhung des Anteils von Lebensmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau. Projekt BIOFAIR II, Wien, 2005

3 Holler C: Machbarkeitsstudie zur Maximierung des Einsatzes biologischer Lebensmittel in Großküchen im Wiener Krankenanstaltenverbund unter Berücksichtigung der finanziellen, marktspezifischen und gesamtökologischen Aspekte. Wien, 2001

4 Holler C: Machbarkeitsstudie zum Einsatz biologischer Lebensmittel in Großküchen der Oberösterreichischen Gesundheits- und Spitals AG (gespag) unter Berücksichtigung der finanziellen, marktspezifischen und gesamtökologischen Aspekte. Wien, 2008